Sonntag, 31. August 2014

Minga oida! - Zwei Dorfkinder im Millionendorf (3)

Nesta
… und zwar auf dem Weg, den ich kannte. Es wäre alles so einfach gewesen. Von der Münchner Freiheit zur Universität. In der U-Bahn angekommen dachte ich mir, dass die Giselastraße näher an dem mir bekannten Weg liegt. Weit gefehlt. Wir mussten also vom Walking Man wieder zurück zur - genau - Universität. Das meinte Celine mit dem „orientierungslos hin-und herlaufen“. Ja, wir sind hipsta. Im Englischen Garten angekommen fühlte ich mich sofort sehr wohl. Bäume und so. Man merkt eigentlich gar nicht, dass man sich (geografisch gesehen) mitten in der Stadt befindet. Unser Ziel im Englischen Garten war es, uns irgendwo hin zu setzen und Fotos zu machen und anschließend ein bisschen den Surfern am Eisbach zuzusehen. Also suchten wir uns zuerst eine freie Bank im Wald. Ein Selfie im Englischen Garten: check. Das sahen die arabischen Touristen neben uns auch so. Wir sahen den lebensmüden Menschen zu, die nicht besseres zu tun hatten, als in einem Bereich, der mit „Schwimmen verboten, Lebensgefahr“ gekennzeichnet war, zu… schwimmen. Und nach einer Weile machten wir uns auf die Suche nach den Surfern am Eisbach, was nicht wirklich schwer war, da bereits einige Zeit später eine gaffende Menschenmasse darauf aufmerksam machte. Es war schwierig, die Sportler aus einem guten Winkel zu fotografieren, da alle guten Winkel schon mit Hobby-Fotografen besetzt waren, aber dennoch sind einige Fotos dabei entstanden. Es war nicht gerade gemütlich am Eisbach, eben wegen der vielen Menschen, deshalb suchten wir uns auch gleich die nächste U-Bahn Station. Also… wir versuchten es. Also… wir liefen einfach in eine Richtung, die eigentlich sogar zur U-Bahn geführt hätte, wäre da nicht diese Polizeiabsperrung gewesen. Überall Polizei. Einige Meter weiter fanden wir die Ursache: eine Demonstration. Also eher eine kleine Demonstration. Keine Ahnung, warum alles abgesperrt wurde und mich hätte es auch interessiert, gegen was diese Menschen demonstrierten, da ich ein politikinteressierter Mensch bin, der aber leider seine Brille nicht auf hatte, um die Plakate zu lesen. Blöd gelaufen, also dann doch wieder durch den Englischen Garten zurück. Auf einem anderen Weg natürlich, weil wir kennen uns ja aus. Außerdem liegt auf diesem Weg ja der chinesische Turm! Stand da angeschrieben. „Chinesischer Turm 500m“. Als wir nach einem Kilometer immer noch keinen Turm sahen, bogen wir nach links ab und folgten den brasilianischen Klängen. Denn an einer kleinen Wegkreuzung gab eine Hippie-Band gerade ihr Repertoire zum Besten, das ein bisschen brasilianisch, ein bisschen Folk, ein bisschen World… eigentlich von allem etwas war. Besetzung: Saxophon, Trompete, Cajòn und andere Percussion-Instrumente, Melodica, Gitarre… Und natürlich Gesang. Und das ganze auf sehr hohem Niveau und mit einer Freude, die die Zuschauer mitriss. Der Sänger/Trompeter/Frontmann war kein Deutscher, zumindest lobte er München und seine Menschen auf englisch, leider sagte er nicht, woher sie kamen. Den nächsten Song, sagte er, hätten sie gestern auf der Fahrt in ihrem VW Bus geschrieben. Genau mein Geschmack. So etwas würde ich auch gerne machen. Sie reisen durch Europa, um auf der Straße ein bisschen Geld zu verdienen. Der Song war sehr schön, der Frontmann ermutigte das Publikum, mitzusingen: „Home is where my heart is, and my heart is among my friends“.Einfach schön, wir konnten uns fast nicht mehr los reißen. Ich wollte unbedingt wissen, wer sie waren und wie sie hießen. Also fragte ich den Trommler, der aus irgendeinem Grund aufgehört hatte, zu trommeln, um mit seinem Fahrrad weg zu fahren. Der Grund war folgender: er hatte die Band hier getroffen, wusste nicht, woher sie waren und wie sie hießen, er hatte einfach mitgemacht. Aber ich solle doch die Bandmitglieder einfach fragen. Mit einem freundlichen Lächeln verabschiedete er sich. Also fragte ich in einer Pause eines der Mädchen in der Band auf englisch. Sie erklärte mir, dass sie sich in Holland getroffen haben, die Mitglieder ebenfalls aus Holland, aber auch Deutschland, Litauen usw. kommen. Sie haben auch noch keinen Namen, also gab sie mir Aufkleber von den Bands des Trompeters und des Frontmanns. Glücklich von der Livemusik und der Information kehrte ich zu Celine zurück. Wir wollten gehen.


































Celine

Nachdem wir dann endlich eine U-Bahn Station gefunden hatten, von der aus wir direkt 
zum Marienplatz fahren konnten, waren schon schwarze Wolken zu sehen und wir dachten nur: "jetzt aber schnell!" Als wir ausstiegen hat es angefangen zu Regnen und wir mussten uns beeilen, damit wir es noch einigermaßen trocken ins Hofbräuhaus schafften. Dort angekommen, hatte ich das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen. Es waren eindeutig zu viele Menschen dort herinnen. Zu viele Menschen, die zu viel Luft verbrauchten und das Resultat daraus schien uns gerade so ins Gesicht zu schlagen. Die stickigste Luft, die ich je erlebt habe. "Aber was solls", dachte ich mir, denn mein Ziel war es, noch einmal an diesem Tag die Musik zu hören und zu sehen. Also kämpften wir uns zum zweiten Mal durch die Massen von Menschen und stellten uns direkt vor die Musiker, um den besten Blick zu erlangen. Es dauerte auch nicht lange, bis wir von eben diesen entdeckt wurden. So standen wir noch eine Weile da und hörten und schauten zu. - Wirklich wunderschöne Musik. Ich hatte etwas Mitleid mit Nesta, da sie nur, weil ich die Musik nochmal sehen wollte, nochmal ins HB gegangen ist und das ist am Abend echt kein Spaß da herinnen. Abends spielt auch eine andere Besetzung der "Obermüller Musikanten" in dem Saal, der zwei Stockwerke höher liegt. Da wir auch diesen Musikern noch einen Besuch abstatten wollten, haben wir uns auf den Weg nach oben begeben. Leider war dort noch niemand, außer der brav am Tisch sitzenden Gäste, zu sehen und so entschieden wir uns dazu noch ein "Stockwerk" höher in das Biermuseeum zu gehen. Dort gibt es auch ein Gästebuch, in dem wir uns natürlich mit einem ganz poetischen Spruch verewigt haben. Die Musiker, die in dem Saal spielen, fangen immer erst um 18:30 Uhr an. Da es aber noch lange nicht so spät war, haben wir "unten" noch einmal unsere Plätze direkt vor der Musik eingenommen und noch eine Weile zugehört. Pünktlich um halb haben wir uns dann von den Musikern verabschiedet und sind hoch gegangen um der anderen Besetzung noch ein Stück lang zu zuhören. In der Zwischenzeit ist es am Himmel noch dunkler geworden und der Regen schien nicht mehr aufzuhören. Wir hatten keine Chance trocken zur U-Bahn zu gelangen, denn wir hatten natürlich auch keinen Regenschirm dabei. Da uns der HB-Shop ja schon einmal aus der Patsche geholfen hat, dachten wir uns, dass es vielleicht auch ein zweites Mal klappen könnte. So gingen wir also in den Shop und suchten nach einem Regenschirm. Wir wurden auch relativ schnell fündig, allerdings war dieser, wie wir schon vermuteten, ebenso teuer wie der Kugelschreiber. Genau 15 Euro. Für einen Regenschirm, der uns nur 500m Schutz bieten sollte? - Auf keinen Fall! So kam es dann, das wir beschlossen, unseren Weg ohne Regenschirm fortzusetzen. Es war zwar ziemlich nass, aber so schnell wie an diesem Tag bin ich noch nie vom HB zum Marienplatz gelangt. An der Station angekommen hieß es: die richtige S-Bahn suchen! Gar nicht so einfach, wenn man als Dorfkind in eine Großstadt kommt und dann auch noch die gesamte Station umgebaut ist und nichts mehr da ist, wo es mal war. Endlich in der richtigen S-Bahn, richtung heimat sitzend, waren wir froh endlich mal wieder zu sitzen. Die fahrt in der S-Bahn verlief relativ ruhig. Nachdem wir dann einem, wohl gerade erst aufgestandenen, jungen Mann Auskunft darüber gegeben haben, dass es nur einen Ausgang vom Bahnhof gibt, kam auch schon Nestas Mama um uns abzuholen.
Alles in allem war das ein recht unterhaltsamer und chaotischer Ausflug ins Millionendorf München, das jeder einmal gesehen haben sollte.

Nesta und Celine
Alle Fotos: TwoCornersOfGermany

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen